Am 25. Juni wurde die Wanderausstellung „‚Ja, DAS ist Antisemitismus!‘ – Jüdische Erfahrungen in Hessen“ der hessischen Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS Hessen) im Ausstellungsraum im Erdgeschoss der Universitätsbibliothek Gießen eröffnet. In einer gemeinsamen Initiative der Arbeitsstelle Holocaustliteratur und der Universitätsbibliothek Gießen wurde die Ausstellung, die Ende Mai erstmals an der Philipps-Universität Marburg zu sehen war, an die Justus-Liebig-Universität (JLU) geholt. Zur Eröffnung sprachen Prof. Dr. Karsten Krüger, Vizepräsident für wissenschaftliche Infrastruktur, und Prof. Dr. Sascha Feuchert, Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur, einleitende Worte. Dr. Susanne Urban, Leiterin der RIAS Hessen, führte anschließend die zahlreichen Besucher:innen in die Arbeit der RIAS Hessen sowie in die Inhalte der mobilen Ausstellung ein.
Als eine von bundesweit elf Anlauf- und Meldestellen für von Antisemitismus Betroffene, deren Angehörige sowie für Personen, die anderweitig von antisemitischen Vorfällen Kenntnis erlangt haben, hat es sich die RIAS Hessen zur Aufgabe gemacht, über Antisemitismus aufzuklären und die Gesellschaft für dieses Phänomen zu sensibilisieren. Hierzu macht sie unter anderem die vielfältigen Erfahrungen der von Antisemitismus Betroffenen sichtbar.
So zeigt die mobile Ausstellung „‚Ja, DAS ist Antisemitismus!‘ – Jüdische Erfahrungen in Hessen“, die am Dienstag im Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek Gießen eröffnet wurde, auf neun Aufstellern authentische antisemitische Vorfälle, die Jüdinnen und Juden in Hessen widerfahren sind. Diese wurden von den Berliner Illustratorinnen Sophie Hirsch und Büke Schwarz in anonymisierte Bilder und Bildgeschichten umgesetzt. Die Schautafeln verdeutlichen nicht nur die verschiedenen Ausprägungen des gegenwärtigen Antisemitismus, sondern machen auch die unterschiedlichsten Reaktionen der Umwelt ersichtlich: von Unverständnis und Ignoranz bis hin zu Relativierung, aber auch Solidarität.
Die Ausstellung ist somit ein Ausgangspunkt, um sich mit der Betroffenenperspektive zu befassen und sich zu überlegen, wie Antisemitismus erkannt und wie ihm begegnet werden kann. Die Universitätsbibliothek der JLU Gießen als „kulturelle Gedächtnisinstitution und Ort der Meinungspluralität und Diskussion“, die mit ihren Veranstaltungen und Ausstellungen ein breites (außer-)universitäres Publikum erreicht, sei hierfür ein besonders geeigneter Ort, wie Prof. Dr. Karsten Krüger in seiner Eröffnungsrede betonte.
Gleichzeitig stellte Sascha Feuchert in seiner Rede aber heraus, dass das Wissen darüber, welche Maßnahmen der Antisemitismusprävention tatsächlich nachhaltig wirken, noch immer zu gering sei. Zeitlich befristete Projekte verunmöglichten ein solches langfristiges wissenschaftliches Monitoring, das jedoch dringend notwendig ist: Denn wie sehr Jüdinnen und Juden in Deutschland Vorurteilen, Hass und Gewalt ausgesetzt sind, zeigt nicht zuletzt der Bericht, den der Bundesverband RIAS am Tag der Ausstellungseröffnung vorlegte: In keinem Jahr seit seiner Gründung im Jahr 2018 hat der Verband mehr antisemitische Vorfälle dokumentieren müssen als 2023. Allein in Hessen wurden im vergangenen Jahr insgesamt 528 antisemitische Vorfälle dokumentiert – fast dreimal so viele wie im Vorjahr. Besonders nach dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober ist ein deutlicher Anstieg der RIAS Hessen gemeldeten antisemitischen Vorfälle zu verzeichnen.
Antisemitismus ist dabei „in allen gesellschaftlichen Milieus zu Hause“, betonte Urban in ihrer Einführungsrede, „er geht uns alle etwas an“. Es bedarf daher einer Anerkennung dessen, „dass eine Person, die Antisemitismus erlebt, dies nicht erst erklären muss, sondern dass sie umgehend Solidarität und Empathie erfährt“, so die Leiterin der RIAS Hessen. Daher lautet der Ausstellungstitel: „Ja, DAS ist Antisemitismus!“
Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 29. August 2024 Uhr im Ausstellungsraum im Erdgeschoss der Universitätsbibliothek Gießen (Otto-Behaghel-Straße 8, 35394 Gießen) zu sehen. Sie ist täglich von Montag bis Sonntag zwischen 7:30 und 23 Uhr für Interessierte geöffnet.
Ein Bericht über die Veranstaltung von Dagmar Klein wurde unter dem Titel „Bildgeschichten zu Antisemitismus“ sowohl in der Gießener Allgemeinen als auch in der Oberhessischen Zeitung veröffentlicht. Hier gelangen Sie zum Artikel in der Gießener Allgemeinen Zeitung. Im „uniforum“ (37. Jahrgang, Nr. 3, S. 9), der Zeitung der Justus-Liebig-Universität Gießen, ist ebenfalls ein Artikel über die Veranstaltung erschienen, der hier abgerufen werden kann.