Bereits in den zwanziger Jahren gehören Max und Ernst Chambré dem sozialdemokratischen "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" an und versuchen, gegen den erstarkenden Antisemitismus der Nationalsozialisten anzugehen. Dadurch wird die Familie Chambré zur 'besonderen' Zielscheibe nationalsozialistischer Agitation. Nur eine Woche nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 führt die Licher SA einen wilden Pogrom gegen die in Ober- und Unterstadt lebenden jüdischen Familien durch. Jüdische Kaufleute werden in das berüchtigte SA-Lokal "Frankfurter Hof" geschleppt und dort misshandelt, sie sollen 'Rechnungen quittieren'. Max Chambré trifft es besonders schlimm: SA-Männer zertrümmern ihm beide Kniescheiben und fügen ihm schwerste Kopfverletzungen zu, von denen er sich nie wieder erholen wird. Die Geschäftsbücher des Bankgeschäftes werden gestohlen. Ernst Chambré hält sich in dieser Nacht in Gießen auf – am kommenden Tag ist für ihn Examenstermin. An diesem Morgen erhält er die Nachricht von dem Pogrom, verbunden mit der Warnung, nicht nach Lich zu kommen, da er dort aufgehängt werden würde. Ernst Chambré flieht daraufhin nach Belgien. Auch die Familie bleibt nicht in Lich. Sobald Max Chambré transportfähig ist, flieht die Familie zunächst nach Kassel, dann zu Tochter Henriette, die seit 1930 verheiratet ist und in Berlin lebt. Von dort aus gehen Emilie, Max und Anne-Marie Chambré nach Belgien. Zusammen mit Ernst leben sie in Morlanwelz. Von dort aus müssen sie hilflos mitansehen, wie ihr Licher Vermögen in einem dubiosen Konkursverfahren verschleudert wird. Nach dem Novemberpogrom 1938 flieht auch Henriette mit Ehemann und beiden Töchtern nach Belgien. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im Jahr 1940 kann Ernst nach Frankreich entkommen und wird dort interniert. Ihm gelingt die Flucht nach Spanien. Auch aus der dortigen Internierung kann er entkommen, er schlägt sich nach Portugal und danach nach Palästina durch. Von dort aus kann er 1947 mit seiner Ehefrau – er hat zwischenzeitlich geheiratet – in die USA auswandern.
1948 erhält er Gewissheit über das Schicksal seiner Familie: Max, Emilie und Anne-Marie Chambré sind 1942 ebenso wie Henriette und ihre beiden Töchter nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet worden. Seit 1951 hat Ernst-Ludwig Chambré vergeblich versucht, Wiedergutmachungsleistungen für das Licher Vermögen seiner Eltern zu erhalten. Ernst-Ludwig Chambré starb am 20. Juni 1996.