am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

Arbeitsstelle Holocaustliteratur feierte 15-jähriges Jubiläum – Zu Gast war Wolfgang Benz

03.06.2013

Anlässlich ihres 15-jährigen Jubiläums hatte die Arbeitsstelle den renommierten Zeithistoriker Wolfgang Benz nach Gießen eingeladen. Im vollbesetzten Literarischen Zentrum (LZG) sprach er mit Markus Roth (Arbeitsstelle Holocaustliteratur) über das Getto Theresienstadt, aber auch über die Rolle des Historikers in der Gesellschaft.

"Der Historiker sieht grenzenlosen Aufklärungsbedarf", so beantwortet Benz zu Beginn des Gesprächs schmunzelnd die Frage, ob der Antisemitismus in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen habe und wo er besonderen Aufklärungsbedarf für den Historiker sehe. Die Qualität des Antisemitismus habe sich nicht wesentlich verändert, meint Benz, sondern sei konstant geblieben. Was mit der Ausgrenzung der Juden begonnen habe, setze sich jedoch heute mit der Ausgrenzung der Muslime fort. Hier herrsche also ebenfalls großer Aufklärungsbedarf und seien Lehren aus der Geschichte zu ziehen, betont Benz.

Benz (geboren 1941) war nach langjähriger Tätigkeit am Institut für Zeitgeschichte in München von Anfang der neunziger Jahre bis März 2012 Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften zur Geschichte des Nationalsozialismus, zum Antisemitismus und zum Holocaust, aber auch zur deutschen Nachkriegsgeschichte und Vorurteilsforschung. So erschien 2012 sein Buch "Die Feinde aus dem Morgenland. Wie die Angst vor den Muslimen unsere Demokratie gefährdet".

Zuletzt veröffentlichte er 2013 sein Werk zum Getto Theresienstadt. Unter dem Titel "Theresienstadt. Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung" legt er darin die zum Teil bis heute wirksamen Lügen und Propagandatricks der Nationalsozialisten von vermeintlich besseren Lebensbedingungen in dem "Altersghetto" offen. Theresienstadt war vielmehr ein integraler Bestandteil der systematischen Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, so Benz. "Nirgendwo kam der Zynismus der Nationalsozialisten deutlicher zum Ausdruck als in Theresienstadt".

Das Buch sei ein Alterswerk, so Benz. Beschäftigt habe er sich bereits seit 1990/91 mit dem Getto. Seitdem habe ihn der Ort, diese "Mischung aus "Idylle und Tragödie" nicht mehr losgelassen. Denn Theresienstadt sei als Ort einfach schön. Erst im Ruhestand habe er jedoch die Muße gehabt, das "Notwendige zu Theresienstadt zu sagen". Hin und wieder entstehe der Eindruck, man wisse schon alles über dieses Getto. Aber ihn haben vor allem die Lebensschicksale der dort inhaftierten Menschen interessiert, nicht so sehr die äußere Struktur und Ordnung der Zwangsgemeinschaft. Sein Werk enthält daher neben den Forschungserkenntnissen der Historiker auch umfangreiche Zeugnisliteratur. Benz zeichnet so ein facettenreiches Bild vom Leben der insgesamt 141.000 Juden im Getto. Einen kleinen Abschnitt aus dem Kapitel zum "unaufhaltsamen Niedergang des Honoratiorenehepaars Dormitzer" las er den Zuhörern zum Abschluss des Abends vor.


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